Wirtschaftsgeschichte
Der Bayerische Wald/Böhmerwald ist eine unwirtliche Gegend, und wurde daher erst seit dem Spätmittelalter besiedelt (mehr dazu im GeschichtsbausteinLeben entlang der Grenze). Die Menschen mussten dem Gebirge und dem Wald ihr Land mühsam abringen, bevor sie sich davon ernähren konnten. Das Leben blieb jedoch stets hart, mit langen Wintern, geringer Infrastruktur, monatelangem Leben ohne Verbindung zur Außenwelt. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ernährte die Menschen vor allem die hauseigene Landwirtschaft sowie ein kleiner Nebenerwerb wie Holzhauen oder Steinschlagen. 1945 war etwa die Hälfte der Fläche bewaldet, ein Großteil davon ist noch heute kaum erschlossener Forst. Die Region gilt auch im 21. Jahrhundert als eher strukturschwach. Und dennoch gab es Zeiten, in denen die Wirtschaft im Bayerischen Wald/Böhmerwald boomte.
Die Mittelgebirgsregion hat Rohstoffe zu bieten, die wichtigsten sind Holz, Granit, Graphit und Quarz. So unwirtlich die Gegend immer war, ihre Böden bargen Schätze in Hülle und Fülle. Es wurden qualitativ hochstehende Granitprodukte, Graphitminen, Gläser und Porzellan hergestellt, die zum Teil weltweiten Absatz fanden. Auch die weitläufigen Forstflächen brachten neben Arbeit Wohlstand.
Die industrielle Revolution veränderte innerhalb von 150 Jahren das Leben und die Wirtschaft Europas völlig. Was im England des 18. Jahrhunderts begann, erreichte auch Bayern und Böhmen. Das Verkehrswesen, Maschinen, Laufbänder, die Telekommunikation … alle Bereiche des Lebens und der Wirtschaft wurden revolutioniert. Die Entstehung großer Industrien im holz- und glasverarbeitenden Bereich konnte sich nur dank der technischen Errungenschaften so rasant entwickeln. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderten Strom und Telefon auch das Leben im Böhmerwald ganz massiv: Die sensationelle Erfindung des Telefons wurde im Jahr 1876 als Patent angemeldet und auf der Weltausstellung in Philadelphia präsentiert, vier Jahre später nur erhielt Annathal (tsch. Annín, Gemeinde Dlouhá Ves / Langendorf) ein örtliches Telefonnetz, installiert durch die Kristallglasfabrik Jos. Ed. Schmidt. Im Bayerischen Wald hielten diese technischen Neuerungen sehr viel später Einzug.
Tourismusgeschichte
Die Schönheit des Böhmerwaldes zog im 19. Jahrhundert viele Erholungsuchende an. Neue Eisenbahnverbindungen und Wald- und Wandervereine sorgten für die nötige Infrastruktur. Zweiter Weltkrieg, Zwangsaussiedlung und Eiserner Vorhang beendeten den Fremdenverkehr in dieser Region. Und zwar so nachhaltig, dass heute weder tschechischen noch bayerischen Schülern das Grenzgebirge als Reiseziel attraktiv erscheint. Gerade deshalb sollten sie im Unterricht erfahren, wie vielseitig und lebendig die Vergangenheit des Bayerischen Waldes und des Böhmerwaldes ist.
Materialien für Grundschule: 3.6.1, 4.6.1 , Mittelschule: 6.3.3, Realschule: G 9.6, Gymnasium: G 8.2, G 8.4, G 11.1.2.