Aktueller Bezug
Denkmäler und Straßennamen in Deutschland
In Deutschland hat die Vertreibung vielerorts Spuren im Stadtraum hinterlassen. Denkmäler und Straßennamen in vielen Orten in Bayern sollen an die Erfahrung der Vertreibung oder die Heimatorte im Böhmerwald erinnern. Diese Spuren, die sich in der unmittelbaren Umgebung der Schülerinnen und Schüler finden lassen, eignen sich für einen aktuellen Einstieg in die Thematik.
Häufig werden diese jedoch nicht mehr wahrgenommen und haben ihre Bedeutung verloren, die gemeinsam mit den Lernenden neu erschlossen werden muss. Dabei sollte auch der Kontext der Entstehung des Denkmales bzw. der Umbenennung der Straße thematisiert werden.
Auf der Seite "Praktische Tipps" finden Sie Hinweise auf Denkmäler, die an die Vertreibung speziell aus dem Böhmerwald erinnern.
Die Fotocollage zeigt einige Straßen in Passau, die nach Ortschaften im Böhmerwald benannt wurden. Auch in anderen Städten lassen sich solche Beispiele finden.
Erklärung der Passauer Straßennamen:
- Böhmerwaldstraße: Benennung 1961. Passau ist seit 1961 Patenstadt der Böhmerwäldler und verleiht jährlich den „Kulturpreis für die Böhmerwäldler“
- Karlsbaderstraße: Zur Erinnerung an die böhmische Stadt Karlovy Vary/Karlsbad.
- Krummauer Straße: Benennung 1960. Pate für die Namensgebung ist die Bezirksstadt Ceský Krumlov/Krumau im Böhmerwald. Aus Krumau stammt Hans Krummenauer (1370-1434), der ab 1407 als Baumeister am gotischen Dom zu Passau beteiligt war.
- Winterberger Straße: Benennung 1957. Viele Vertriebene aus der Nachkriegsepoche fanden in Passau und Umgebung eine neue Heimat.
- Prachatitzer Straße: Benennung 1960. Die Stadt war ein wichtiger Handelspartner für Passau. Der Goldene Steig verband die beiden Städte im Mittelalter.
- Straßennamen in nationalsozialistischer Zeit: Die heutige Leonhard-Paminger-Straße wurde 1925 in Sudetendeutsche Straße umbenannt, was der in Passau ansässige Sudetendeutschen Heimatbund initiierte.
Auseinandersetzung mit den Gewaltverbrechen an der deutschen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg
In den vergangenen Jahren seit der Jahrtausendwende rückt in Tschechien zunehmend ein Thema in den Blick der Öffentlichkeit, welches seit dem Zweiten Weltkrieg nicht thematisiert worden war und heute noch Debatten und Emotionen auslöst: Gewalt und Massaker an deutschen Zivilisten unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Die Auseinandersetzung mit dieser verdrängten Geschichte nimmt verschiedene Ausprägungen an:
Eine großes Echo riefen beispielsweise zwei Dokumentarfilme des tschechischen Regisseurs David Vondráček hervor. In "Töten auf Tschechisch" (2010, deutsche Fassung auf YouTube) und "Sag mir, wo die Toten sind" (2011) verwendete er zeitgenössische Amateuraufnahmen von Massakern an Deutschen im Kontext des Ende des Zweiten Weltkrieges und den beginnenden "wilden Vertreibungen".
Aufmerksamkeit erregen auch immer wieder Entdeckung von Massengräbern, von denen das Auffinden des Massengrabes in Dobronín / Dobrenz bei Jihlava ein bekanntes Beispiel darstellt. Hier wurden im Mai 1945 etwa ein Dutzend Deutsche von tschechischen Zivilisten ermordet. An einigen Orten werden nun auch Denkmäler und Gedenktafeln für die deutschen, zivilen Opfer errichtet, wie beispielsweise in Postoloprty in Nordböhmen, wo im Mai und Juni 1945 etwa 760 Deutsche von tschechoslowakischen Einheiten erschossen wurden.
Diese Aktualität des schmerzhaften Themas findet auch ihren literarischen Ausdruck: Zu nennen ist vor allem Radka Denemarkovás "Ein herrlicher Flecken Erde" (tsch. "Peníze od Hitlera" 2006, dt. 2009) über eine jüdische KZ-Überlebende, die bei der Rückkehr in ihren böhmischen Ort von den Bewohnern brutal vertrieben wird. Kateřina Tučková wiederum beschreibt in "Vyhnání Gerty Schnirch" (2009) die Vertreibung der jungen Deutschen Gerta Schnirch aus Brno. Der Roman liegt leider noch nicht auf Deutsch vor.
Erinnerung an deutsche Antifaschisten in der Tschechischen Republik
Als deutsche Antifaschisten wurden nach dem Krieg diejenigen Deutschen bezeichnet, die sich aktiv am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt hatten. Allerdings verstand man darunter fast ausschließlich den kommunistischen Widerstand. Erst nach 1989 war es möglich, freier über die Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern zu sprechen und diesen auch in der tschechischen Historiographie Beachtung zu schenken.
Wie aktuell die Rolle deutscher Widerständler gegen den Nationalsozialismus in der Tschechischen Republik behandelt wird, zeigt eine Erklärung der Regierung vom August 2005: Die Regierung zollte darin den deutschen NS-Gegnern in der Tschechoslowakei hohe Anerkennung und entschuldigte sich bei ihnen. Bestandteil der Regierungserklärung war auch die Zurverfügungstellung finanzieller Mittel für das Projekt „Dokumentation der Schicksale aktiver NS-Gegner, die nach dem zweiten Weltkrieg von den in der Tschechoslowakei angewendeten Maßnahmen gegen die sog. feindliche Bevölkerung betroffen waren“.
In diesem Rahmen wurden Dutzende Zeitzeugeninterviews geführt, Quellenstudien betrieben und es entstand eine Datenbank deutscher NS-Gegner in der Tschechoslowakei. Zudem wurden viele Publikationen, mehrere Dokumentarfilme, wissenschaftliche Konferenzen, Vorträge für die Öffentlichkeit, Ausstellungen sowie ein Programm für Schulklassen gefördert.
Auf der Seite "Vergessene Helden" sind die Ausstellung und die anderen Ergebnisse des Projektes dokumentiert. Für Lehrkräfte besonders nützlich sind umfangreiche Unterrichtsmaterialien, die auf Deutsch kostenlos und online zur Verfügung stehen.
Meinungsumfragen in Deutschland und Tschechien
Die folgenden Meinungsumfragen aus Deutschland und Tschechien dokumentieren unterschiedliche Haltungen, die in den beiden Ländern zum Themenkomplex Vertreibung bestehen. Sie können diese als Einstieg in das Thema oder als Ausgangspunkt für eine Diskussion über dessen Aktualität nutzen.