Oberplan
Paula Breitschop
Paula Breitschop, aus Oberplan, Böhmerwald, gibt am 18. April 1947 zu Protokoll:
Mein Mann Franz Breitschopf wurde am 7.Februar 1946 von einem Gendarmen abgeholt und zwei Tage in Oberplan eingesperrt, wo ich ihm das Essen hinbringen musste. Nach 2 Tagen wurde er auf die Gendarmerie geführt und dort geohrfeigt. Am.9 .Feber 1946 wurde ich mit meinem Manne zugleich abgeführt. Der Mann kam in das Internierungslager nach Krumau und ich wurde von einem tschechischen Posten mit einer Maschinenpistole abgeholt und nach Tschaikowitz bei Budweis gebracht, wo ich. mit 8 deutschen Männern und Frauen zusammen auf dem Fürst Schwarzenbergschen Besitz schwer arbeiten musste. Ich musste zuerst dauernd Dünger laden, eine Arbeit, die für mich sehr schwer gewesen ist, da ich eine solche bisher noch nicht gemacht habe. Später musste ich 18 Kälber und 11 Kühe betreuen. - Mein Mann wurde im Lager sehr oft geschlagen und musste gefallene Russen, die bereits ein ganzes Jahr in der Erde lagen, ausgraben, abwaschen, schön ankleiden, in die Särge legen und am Friedhofe beerdigen. Von diesem bestialischen Gestank der stark verwesten Körper konnte mein Mann tagelang keine Nahrung zu sich nehmen und sich davon gar nicht erholen. - Mein Mann befindet sich noch heute im Internierungslager; meine zahlreichen Briefe an ihn blieben bisher unbeantwortet, so dass ich nicht weiß, ob er sich überhaupt noch am Leben befindet.“
Quelle: Sudetendeutsches Archiv München
Rosa Tahedl
Rosa Tahedl wurde 1917 in Guthausen, in der Nähe von Oberplan geboren. Die Mundartdichterin lebte bis 1964 im Böhmerwald.
Rosa Tahedl: Der Weg zum Protektorat Böhmen und Mähren, In: Die Schneedörfer und Orte der Umgebung in Böhmerwald, Augsburg 1988, S. 286 – 287.
Wieder zogen feldgraue Kolonnen vom Altreich her durch den Böhmerwald; diesmal aber weiter bis in die Prager Stadt, um dort ein Protektorat zu errichten. Die Böhmerwäldler berührte das freilich nicht mehr so unmittelbar wie im Jahr vorher. Aber dieser Überraschungseinmarsch löste ein tiefes Unbehagen aus. Man hatte mit den Tschechen seinen Frieden gemacht. Eine frisch gezogene Grenze trennte die beiden 'Völker.
"Mir han af unsern Grund und sej am örern!" Das war gerecht und richtig in den Augen der Wäldler. Ein Unrecht als Rest des Weltkrieges schien begradigt. Freilich war es beschwerlich zu den Verwandten und Freunden nach Nordböhmen zu kommen; man musste das ganze Böhmerland umrunden. Aber Grenze ist Grenze! Diesmal war es keine Paschergrenze, die man geschickt umgehen wollte. Längst hatten die tschechischen Beamten ihren Hausrat, soweit sie ihn im Oktober 38 nicht mitgenommen hatten, ins Innere des Landes nachgeholt. Man war quitt mit ihnen. - Und jetzt greift der Hitler zum ersten Mal nach fremden Land? Das war ein Unrecht. Dafür hatten die Leute ein feines Gespür. Das wusste man aus eigener bitterer Erfahrung: Ein Recht auf Land erwirbt nur der, welcher es im Schweiße seines Antlitzes gerodet hat.
„Werds segn, dos tuat koa guat; wounn er si am fremdn Bou(d)n vergreift!" sagte ahnungsvoll die Mali Wawi.
Wie recht sollte sie in ihrer Ahnung behalten! Das Rechtsempfinden, durch Generationen als Volkesstimme gewachsen, stellte sich - wenn auch ohnmächtig - gegen die militärische Überlegung, dass der Reststaat der Tschechen wie eine geballte Faust in den Leib des Großdeutschen Reiches stieß, und dass dieses Hindernis für weitere militärische Pläne beseitigt wurde. Auch wenn diese zaghafte Kritik nicht gegen den Siegestaumel im Radio ankam ein Unbehagen blieb zurück.
Es kursierte der Vergleich mit dem heimischen Gebäck, den Golatschen, die in der Wallerer Gegend so schmackhaft gebacken wurden: ,,S'Besser von Gulatschn is der Toag und d'Ram (Kruste). Dos war eahm (dem Hitler) zuag'stoundn. Ober den Gatsch i der Mitt, der wird eahm i d'Zähnt ou-picka.1I - Auch ein Vergleich: Das Viereck des Böhmerlandes mit den viereckig gefalteten Kuchenstücken! Man hielt sich eben daheim an Solides und Handgreifliches.